2020-1_KEB WI_Programmheft_Blätterkatalog

Politik - Gesellschaft 45 ■ ■ Europa gegen die Juden Von Nationalstaaten und dem Streben nach ethnischer Homogenität Die Einsicht, dass Antisemitismus auch 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs keinesfalls bagatellisiert wer- den darf, geschweige denn überwunden ist, ist eine gesell- schaftliche Notwendigkeit. Antisemitismus bedroht die de- mokratisch-freiheitliche Grundordnung. Abschottung gegen "Fremde", die Beschwörung spezifisch "nationaler deutscher" Eigenschaften und Hass, der in Ge- walttaten gegen Juden als "Grund allen Übels" seinen Aus- druck findet - all das ist nicht neu.Antisemitische Stereotype durchziehen seit Jahrhunderten politische und gesellschaft- liche Diskurse. Ihr Auftreten war und ist dabei keineswegs landesspezifisch, sondern lässt sich in allen europäischen Staaten nachweisen. In seinem Buch "Europa gegen die Juden 1880-1945" zeigt der Historiker Götz Aly, dass der Holocaust nicht allein aus der deutschen Geschichte heraus erklärbar ist. Sowohl in West- als auch in Osteuropa hatten Antisemitismus und Ju- denfeindschaft seit 1880 sprunghaft zugenommen - angetrie- ben von Nationalismus und sozialen Krisen. Erstmals stellt Götz Aly hier den Antisemitismus des 20. Jahrhunderts als grenzüberschreitendes Phänomen dar. Ohne die Schuld der deutschen Täter zu mindern, zeigt er, wie Rivalität und Neid, Diskriminierung und Pogrome seit Ende des 19. Jahrhunderts vielerorts dazu beigetragen haben, den Boden für Deporta- tionen und Völkermord zu bereiten. Während des Zweiten Weltkriegs ermordeten die nationalsozialistischen Besatzer sechs Millionen Juden, die meisten in Osteuropa, teils unter Mithilfe lokaler Polizei und Behörden. Götz Aly arbeitete für die "taz", die "Berliner Zeitung" und als Gastprofessor. 2007 erhielt er das Bundesverdienstkreuz und 2012 den Ludwig-Börne-Preis. Kursnummer: Y04.014 Referent: Professor Dr. Götz Aly Veranstalter: Kulturamt der Stadt Wiesbaden - Stadtarchiv Kooperation: Alle Unterstützer*innen des "Tages des Gedenkens an die Opfer des NS-Regimes" Ort: Stadtverordnetensitzungssaal, Rathaus Schlossplatz 6, 65183 Wiesbaden Kosten: kostenfrei Anmeldung: nicht erforderlich Termin: Montag, 27.01.2020, 18:00 - 19:30 Uhr

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